Antrag: „Aktionsprogramm Wohnungspolitik“

Der UB Vorstand wird beauftragt, ein „Aktionsprogramm Wohnungspolitik“ zu erarbeiten, um dringend benötigte Mietwohnungen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen in Wiesbaden zu schaffen.

Ziele und Eckpunkte des Antrags

Die Ziele des Programms sind u.a.

  • die bedarfsgerechte Versorgung der Wiesbadener Bevölkerung mit Wohnraum
  • eine aktive preisdämpfende Rolle der Stadt und ihrer Gesellschaften auf den Märkten für Boden und Wohnungen.

Das Aktionsprogramm muss u.a. folgende Einzelmaßnahmen umfassen

  • Kontinuierliche und verlässliche Wohnungs- und Bodenpolitik der Stadt, ihrer Gesellschaften und Partnergenossenschaften
  • Bodenbevorratung für Bauland.
  • Kein Verkauf städtischer Liegenschaften, die für Wohnungsbau geeignet sind.
  • Kontinuierliche Förderung von Miete, Genossenschaften und Eigentum für 1.000 Wohneinheiten pro Jahr.
  • Vergabe von Grundstücken nach Konzeptvergabe mit Qualitätskriterien und im Erbbaurecht.
  • Förderung der Vielfalt der Akteure: 50% stadtverbundene Gesellschaften, 30% Genossenschaften, 10% Baugemeinschaften, 10% Bauträger.
  • Genossenschaften in gemeinschaftlichen Wohnformen erhalten mindestens 10% vom Bauland in neuen Quartieren in Erbbaurecht.
  • Aktive Bekämpfung des Leerstandes von Wohnungen.

Begründung

Zur Lage auf dem Wiesbadener Wohnungsmarkt

Angespannter Wohnungsmarkt

  • Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment (6-8 Euro pro m²) werden stark nachgefragt, sind aber knapp. Ca. 40% der ca.140.000 Haushalte sind bezugsberechtigt für geförderten Mietwohnungsbau für kleine Einkommen (ca. 55.000 Wohneinheiten).
  • Weitere ca. 20% der Wiesbadener Haushalte sind bezugsberechtigt für geförderten Mietwohnungsbau für mittlere Einkommen (ca.30.000 Wohneinheiten). Im geförderten Wohnungsbestand sind noch ein Zehntel des realistischen Bedarfs – ca.8.500 Wohneinheiten – preisgebunden und es fallen weitere ca. 150 Wohneinheiten pro Jahr aus der Förderung.
  • Programme des Landes Hessen zur Förderung des Eigentums können nicht mehr die drastisch gestiegenen Preise für Eigentumswohnungen und Eigenheime ausgleichen.

Grenzen des Marktes

  • Der Markt schafft kein ausgeglichenes Wohnungsangebot für alle Bevölkerungsgruppen.
  • Die GWW mit 13.000 Wohneinheiten arbeitet zwar auftragsgemäß mit besonderer Priorität für neuen Mietwohnungsbau mit dem Ziel von 17.000 Wohneinheiten, aber Grundstücke sind rar und teuer. Die Förderungen von Land und Stadt reichen kaum aus um auf die Zielmieten herunter zu subventionieren. Zudem hat die Stadt auch Renditeerwartungen.
  • Neben den öffentlichen Wohnungsgesellschaften und privaten Vermietern sind in Wiesbaden überwiegend Bauträger, Investoren und Kapitalgesellschaften am Wohnungsmarkt aktiv. Investitionen werden eher in höherpreisigen Wohnimmobilien mit sehr guten Renditeerwartungen getätigt.
  • Grundstücks- und Baukosten sind drastisch gestiegen, auch durch verstärkte Investitionen in „Betongold“.

Auswirkungen des angespannten Wohnungsmarktes

  • Die Kommune trägt Verantwortung für eine lebensfähige Stadtgesellschaft ohne Exklusion benachteiligter Schichten.
  • Haushalte mit mittleren Einkommen und junge Familien verlassen die Stadt, wenn sie keine Chancen auf bezahlbares Wohnen in Miete oder Eigentum sehen. Die Stadt verliert Steuern und das Pendeln nimmt zu.
  • Die Stadt hat ein Problem bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter, wenn diese keinen bezahlbaren Wohnraum in Wiesbaden finden.
  • Die Hilfeleistungen für das Wohnen/Kosten der Unterkunft sind stark gestiegen und steigen weiter an. Laut Auskunft Sozialverwaltung belaufen sich die Kosten auf rund 130.000.000€ pro Jahr.
  • Entmischung in Stadtteilen, Verdrängung angestammter Mieter sowie die Stigmatisierung von Wohnlagen sind unmittelbare Folgen des angespannten Wohnungsmarktes. Die Stadtgesellschaft spaltet sich zunehmend.

Was ist konkret zu tun?

Radikale Umorientierung steht an!

  • Kontinuierliche und verlässliche Wohnungs-und Bodenpolitik der Stadt, ihrer Gesellschaften und Partnergenossenschaften.
  • Kontinuierliche Förderung von Miete, Genossenschaften und Eigentum für ca. 1.000 Wohneinheiten pro Jahr für kleinere und mittlere Einkommen mit einem Volumen von ca. 50 Millionen Euro pro Jahr.
  • Aktive Rolle der Stadt und ihrer Gesellschaften als wesentliche preisdämpfende Akteure am Boden- Wohnungsmarkt.
  • Die Stadt kauft zur Bodenbevorratung für Bauland, was sie erwerben kann (z.B. wie die Stadt Ulm) und behält die Liegenschaften im kommunalen Besitz.
  • Die Städte Berlin, Frankfurt und München verkaufen keinen Grund und Boden mehr.
  • Vergabe von Grundstücken nach Konzeptvergabe mit Qualitätskriterien und im Erbbaurecht statt preistreibendem Verkauf aufgrund des höchsten Angebots.
  • Förderung der Vielfalt der Akteure analog der Stadt München: 50% stadtverbundene Gesellschaften, 30% Genossenschaften.10% Baugemein-schaften,10% Bauträger.
  • Aktive Bekämpfung des Leerstandes von Wohnungen und Gebäuden, (geschätzt mind. ca.500 Wohneinheiten). Voraussetzung ist allerdings, dass die Wohnraumzweckentfremdungsverordnnung durch das Land Hessen wieder eingeführt wird.

Genossenschaftlicher Mietwohnungsbau, eine Alternative für Wiesbaden

Die Vorteile genossenschaftlicher Solidarität sind:

  • In Genossenschaften werden ausschließlich die Mitglieder gefördert.
  • Es werden keine Renditen nach außen abgeführt
  • Alle Mitglieder haben Stimm- und Dauernutzungsrecht.
  • Mitglieder/Genossen zahlen neben Einlagen Nutzungsentgelte.
  • Überschüsse werden reinvestiert.
  • Die Finanzierung von Projekten können langfristig erfolgen.
  • Langfristig können Mieten stabil bleiben oder sinken.
  • jegliche Spekulation ist ausgeschlossen.
  • Einlagen können gekündigt und nach einer Frist zurückgezahlt werden.
  • Wohnungsgenossenschaften stellen einen Mittelweg zwischen individuellem Eigentum und Miete dar und sind demokratisch, solidarisch, und erfolgreich!

Und zum Schluss ganz konkret:

Genossenschaften erhalten 2020/2021 mindestens 10% vom kommunalen Bauland in neuen Quartieren im Erbbaurecht.